Laut Gesetz müssen im Ganztag Fachkräfte eingesetzt werden. Was bedeutet das für die Jugendarbeit?
Ich kann mir vorstellen, dass Jugendfreizeitstätten, kommunale Jugendarbeit, gegebenenfalls auch große Jugendverbände Betreuung im Ganztag übernehmen, weil sie mit Hauptamtlichen arbeiten. Von Ehrenamtlichen getragene Jugendverbände werden das eher nicht leisten können, das wurde bei Modellversuchen sichtbar. Das führt zu einer Überforderung der Ehrenamtlichen. Allerdings muss auf Länderebene erst noch geregelt werden, was anspruchserfüllend ist: Können Ehrenamtliche Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung übernehmen, sofern sie sich zusätzlich qualifizieren? Oder braucht es auch da ausgebildete Fachkräfte? Und wenn ja, mit welchen Kompetenzen? Offen ist auch die Frage nach dem Personalschlüssel: Wie viele Kinder werden pro Betreuungsperson zugelassen?
Werden im großen Stil Weiterqualifizierungen nötig werden, um genügend Beschäftigte zu finden?
Es wird neue Ausbildungswege geben. Aber man wird sicherlich auch darüber nachdenken müssen, durch Fortbildung neues Personal zu gewinnen oder Seiteneinsteiger zu qualifizieren. Wir haben in der Kinder- und Jugendhilfe jetzt schon Riesenprobleme damit, qualifiziertes Personal zu finden, und können Kindergärten nicht vollständig aufmachen, weil das Personal nicht vorhanden ist. Jetzt bauen wir ein neues Feld auf mit einem erheblichen zusätzlichen Bedarf an qualifiziertem Personal. Wo soll dieses herkommen?
95.900
zusätzliche Plätze, die in Bayern
bis 2026 geschaffen werden müssen*
Auch in der Jugendarbeit fehlen Fachkräfte. Steht zu befürchten, dass weitere in den Ganztag abwandern, weil sie da abends und am Wochenende frei haben?
Da sind noch viele Fragen offen. Wenn die Stellen ähnlich ausgestattet sind wie in der Jugendarbeit, kann ich mir eine Sogwirkung vorstellen. Es kann aber auch sein, dass Arbeits-bedingungen und Gehälter so wenig einladend sein werden, dass die Stellen nicht attraktiv sind. Und in der Jugendarbeit haben Hauptamtliche einen gewissen Freiraum. Ob eine Schule mit ihren Hierarchien ein attraktiverer Arbeitsplatz ist, ob sich Pädagog:innen eines Freizeitheims unter einer Schulleitung wohlfühlen – das muss man sehen. Da treffen schon zwei Kulturen aufeinander.