Wie liefen diese Tischrunden ab?
Das war etwas kurios! Wir waren höchstens acht Leute und ich war mit 26 Jahren der Jüngste. Es gab noch einen Dr. Hintermann von der Katholischen Jugend mit etwa 35 Jahren. Die anderen waren alles ältere Herren zwischen 50 und 60. Jeder sollte eine Persönlichkeit benennen, die später seinen Verband im neuen Hauptausschuss vertreten sollte. Dann war ich an der Reihe und dachte, da sollten junge Leute ran. Ich nannte einen jungen Schriftsteller, Klaus Müller-Gräffshagen. Er wurde später Chefre- dakteur der führenden Zeitschrift der Katholischen Jugend Deutschland, dem „Fährmann“. Die anderen nannten natürlich jeweils ihre Häuptlinge. In aller Unauffälligkeit hat dann der Vorsitzende Dr. Lades meinen Vorschlag korrigiert und meinen Chef Pfarrer Helbich eingesetzt.
Warum waren Sie in München und nicht Ihr Chef ?
Er hatte die Bedeutung zunächst unterschätzt. Dann merkte er auf einmal, was das doch für einen Rang darstellte und was die Kontakte hergaben. Bei der Gründungssitzung des BJR auf dem Haus am Sudelfeld im April war er dann zur Stelle. Als sein Vertreter habe ich bis 1952 gleichwohl noch öfter an den Tagungen des Hauptausschusses teilgenommen.
Sie sind 1960 als Lektor zu einem Verlag gewechselt. Haben Sie sich danach noch ehrenamtlich in der Jugendarbeit betätigt?
Da gab es immer wieder Kontakte. Ich war an der Gründung einer Jugendbildungsstätte in Josefstal beteiligt und natürlich habe ich aufmerksam verfolgt, wie die Dinge sich entwickelten.
Sie haben sich auch für die Münchener Telefonseelsorge engagiert.
Ja, es war förderlich, nicht nur mit lauter Papier zu tun zu haben, sondern auch mit Menschen. Die Telefonseelsorge war eine Beratungsstelle für jedermann, Alt und Jung, auch für Kinder. Meine Frau nahm an der ersten Ausbildungsstaffel teil, einem halbjährigen Lehrgang. Das bekam ich mit und beim nächsten Lehrgang war ich dann auch dabei. Das ist eine sehr produktive Sache geworden, auch für mich selbst. Ich habe regelmäßig Nachtdienste geschoben, das war die Schicht von halb zwölf bis halb acht.
Jetzt sind Sie 97, das ist ein sehr hohes Alter.
Das ist es in der Tat. Ich sehe links und rechts von mir andere, die längst noch nicht so alt und in einer sehr schlechten Verfassung sind, und das ist für mich einfach zum Staunen. Ich wache in der Früh auf und denke an mir entlang und alles ist in Ordnung.
Blicken Sie bang in die Zukunft?
Nein. Ich nehme einfach dankbar an, was auf mich zukommt. Und gerade die „Pulse of Europe“-Bewegung zu sehen, mitzuerleben, dass es da junge Leute gibt, die zu gestalten vermögen, finde ich ein großes Glück! Das ist so ermutigend, weiter so!
Was wünschen Sie der Jugend?
Das Wichtigste ist Bildung, damit lässt sich etwas verbessern. Außerdem brauchen wir Leute mit sozialer Fantasie. Und ich wünsche mir, dass so viele junge Leute wie möglich nachdenklich mit dem Schatz unserer Demokratie umgehen, aber auch mit Mut und Haltung.
Interessant, denn das Motto des 70. Jubiläums des BJR lautet „Haltung zeigen“!
Na bitte! Dass wir nun seit 70 Jahren in einer Periode des Friedens leben, ist fast verwöhnend. Dieses große Glück muss man sich immer wieder vor Augen führen und zu schätzen wissen. Das habe ich noch anders erlebt.