24.10.2016

Islamfeindlichkeit entgegenwirken und den Islam gesellschaftlich anerkennen

Die Delegierten des 149. Hauptausschusses des Bayerischen Jugendrings sind besorgt, dass aktuellen Umfragen etwa der Leipziger Mitte-Studie 2016 zufolge die Islamfeindlichkeit in den vergangenen zwei Jahren in Deutschland deutlich zugenommen hat. Aus diesem Grund ist ein verantwortungsbewusstes Agieren zur Verbesserung des verzerrten Islambilds und zur Verhinderung weiterer Vorurteile für eine vielfältige und tolerante Gesellschaft unumgänglich.

Wir fordern daher die bayerischen Politikerinnen und Politiker auf, in der politischen Debatte und gesellschaftlichen Diskussion allen Formen von Islamfeindlichkeit entschieden entgegenzutreten. Die Delegierten des 149. Hauptausschusses des Bayerischen Jugendrings messen folgenden Schlussfolgerungen für ein gelingendes Miteinander eine hohe Bedeutung bei:

  1. Diskriminierung von religiösen Minderheiten muss in allen Lebensbereichen präventiv angegangen und konsequent bekämpft werden. Dabei ist auch eine aktive Gleichstellungspolitik notwendig, die Menschen unabhängig von ihrem religiösen oder ethnischen Hintergrund in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft fördert und anerkennt. Denn der Islam gehört zu Bayern und muss mit anderen Glaubensrichtungen wie den christlichen Konfessionen und dem Judentum gesellschaftlich gleichgestellt werden.
  2. Bayern muss für eine erfolgreiche Zukunft eine Kultur der Anerkennung, der Offenheit und des gemeinsamen Zusammenlebens entwickeln bzw. fördern. Dabei muss die religiöse sowie kulturelle Vielfalt zugelassen und geschützt werden. Die institutionelle Anerkennung des Islams schreitet voran, allerdings nehmen in der Bevölkerung dagegen Ängste und Ablehnung zu. Diese gesellschaftlichen Entwicklungen müssen ernst genommen und breit diskutiert werden. Keinesfalls darf man diese Debatten Extremisten oder Populisten überlassen. Aus diesem Grund lädt der Bayerische Jugendring zu einem Fachtag ein mit Landtagsabgeordneten, Entscheidungsträgern/-innen, Vertretern/-innen konfessioneller Verbände und auch anderer Verbände, um über diese Entwicklungen zu diskutieren und gemeinsam Gegenmaßnahmen zu treffen.
  3. Deutschland braucht ein Wir-Gefühl, das unterschiedliche Religionen und Kulturen umfasst, die Vielfalt fest umarmt und einschließt. Viele gehen davon aus, dass Menschen muslimischen Glaubens nicht deutsch und Menschen deutscher Herkunft keine Muslime sein können. Dabei handelt es sich jedoch um keine sich gegenseitig ausschließenden Gruppen. Inzwischen ist ein Großteil der in Deutschland lebenden Muslime hier geboren, aufgewachsen und in der Gesellschaft integriert. Sie sehen ihre Zukunft hier und Deutschland hat sich somit längst zu ihrer Heimat entwickelt. Diese emotionale Bindung der Muslime zu ihrer Heimat Deutschland sollte nicht infrage gestellt, sondern auch in öffentlichen Debatten deutlich betont und hervorgehoben werden. Das neue Wir-Gefühl können wir gemeinsam entwickeln. Dazu müssen wir uns mehr austauschen. Denn die Begegnung und Kooperation muss vor allem im unmittelbaren Lebensumfeld der Menschen stattfinden.
  4. Wir benötigen allgemein mehr Wissen über die religiöse Vielfalt in der Gesellschaft. Muslime als größte religiöse Minderheit in Deutschland stellen eine sehr heterogene Gruppe mit Wurzeln in vielen unterschiedlichen Ländern sowie mit unterschiedlichen religiösen Ausrichtungen und Sichtweisen dar. Daher fordern wir die Akteure der öffentlichen Debatte dazu auf, ein differenziertes Islambild zu zeichnen. Das ist eine Voraussetzung, um an die Lebenswirklichkeit religiöser Minderheiten anknüpfen zu können sowie Vorurteile in der Mehrheitsbevölkerung zu reduzieren.
  5. Wir müssen den gesellschaftlichen Dialog und Begegnung fördern und ausbauen. Nur wer sich freiwillig und gleichberechtigt im Alltag begegnet, entwickelt auch das gegenseitige Vertrauen. Wir müssen als Gesellschaft die Gelegenheiten für die Begegnung und den Dialog zwischen den Angehörigen verschiedener Religionen bieten und auch wahrnehmen. Dies darf aber nicht nur im theologischen Diskurs verhaftet bleiben, sondern sollte auch Menschen in ihren Nachbarschaften und im Alltag zusammenführen. Gerade die gemeinsame Lösung alltäglicher Herausforderungen schafft Vertrauen und stiftet Freundschaften.
  6. Häufig wird muslimischen Jugendverbänden unterstellt, dass Demokratie und der Islam nicht vereinbar seien. Die im BJR vertretenen muslimischen Jugendverbände, wie die DITIB-Landesjugendverbände und die Islamische Jugend Bayern, bekennen sich zum Grundgesetz und zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Alle bayerischen Politikerinnen und Politiker, alle Organisationen und Entscheidungsgremien sehen wir in der Pflicht, sich dafür einzusetzen, dass muslimische Jugendverbände und Mitbürger/-innen gleichberechtigt in Deutschland leben und ihre Religion ohne Angst vor Diskriminierung ausüben können.

 

 

Beschlossen am 149. Hauptausschuss des Bayerischen Jugendrings vom 21. bis 23. Oktober 2016

Patrick Wolf
er/ihm
Büroleiter und Queer-Beauftragter