22.03.2025

Stark gegen antimuslimischen Rassismus – Für gleichberechtigte muslimische Teilhabe

Als Vertreter:innen der bayerischen Jugendarbeit gehen wir mit gutem Beispiel voran, indem wir beschlossen haben uns auf einen Prozess einzulassen, der Konzepte zum Schutz vor Rassismus und Diskriminierung in den verschiedenen Formaten der Jugendarbeit zum Ziel hat – wie z.B. Vertrauenspersonen, Meldemöglichkeiten und Handlungsketten.

Gerade im Wahlkampf hat sich wieder gezeigt, dass die Themenfelder Migration und Integration oft polarisierend und emotional behandelt werden und vielfach eine negative Stimmung gegen Menschen mit Einwanderungsgeschichte erzeugen. Dabei stehen besonders muslimische und als muslimisch gelesene Menschen im Fokus. Beispiele sind Themen wie „Remigration“, „Abschiebetickets“, „Arbeitspflicht für Geflüchtete“ ungeachtet dessen, dass viele keine Arbeitserlaubnis haben, Forderungen nach „Grenzkontrollen“,“ Pushbacks“ an den Außengrenzen, mehr „Abschiebung“ etc. Die Themenfelder Flucht, Migration und Integration werden dabei undifferenziert und verallgemeinernd negativ konnotiert. Anschläge, wie in Aschaffenburg oder zuletzt in München, die ein Angriff auf unser aller Zusammenleben sind, führen mittlerweile dazu, dass Menschen mit Migrationshintergrund und besonders auch Muslim:innen unter Generalverdacht gestellt werden. Von den Politiker:innen, die auch, aber nicht ausschließlich in Regierungsverantwortung sind, erwarten wir, dass sie eine solche Stimmung nicht weiter durch Abschiebedebatten anheizen, sondern hervorheben, dass das Einzelfälle sind, die nicht pauschal auf ganze Gruppen übertragen werden dürfen. Auch das Recht auf Asyl und die Beherbergung von Schutzsuchenden sind Grundwerte, von denen nicht abgewichen werden darf. Push-Backs an den deutschen Grenzen sind nicht nur moralisch verwerflich, weil sie de facto Menschen, die auf dem Landweg fliehen, die Möglichkeit nehmen, in Deutschland einen Asylantrag zu stellen, sie sind auch mit dem europäischen Recht nicht vereinbar. Auch berücksichtigen diese Verallgemeinerungen und politischen Debatten nicht die besondere Situation von Kindern, Jugendlichen und Frauen auf der Flucht. Diese sind in besonderem Maße betroffen. Wir erwarten politische Entscheidungen, die das Wohl der Kinder und Jugendlichen über parteipolitische Interessen stellen.

All diese Debatten sorgen dafür, dass Menschen, die seit Jahrzehnten hier eine Existenz aufgebaut haben und Jugendliche, die hier geboren und aufgewachsen sind, immer wieder mit Anfeindungen und Rassismus konfrontiert sind. Kinder und Jugendliche mit Migrationsbiografie äußern gegenüber den Fachkräften der Jugendarbeit gehäuft ihre Ängste Opfer von Gewalt zu werden oder Deutschland verlassen zu müssen. Auch die Angst vor sexuellen und antifeministischen Übergriffen nimmt zu.

Berichte, Meldestellen und Forschung, z.B.

belegen, dass:

  • Muslimfeindlichkeit in weiten Teilen der Bevölkerung verbreitet ist
  • sie Alltag in allen Lebensbereichen für viele muslimische und als muslimisch gelesene Menschen ist
  • besonders Frauen und Jugendliche betroffen sind und in den Diskursen übersehen werden, insbesondere, wenn sie als muslimisch gelesen werden, z.B. durch das Tragen eines Kopftuchs
  • Hasskriminalität gegen Muslime und als muslimisch gelesene Menschen zunimmt.

Uns ist es wichtig, die Gesellschaft, zu deren Vielfalt auch muslimische und als muslimisch gelesene Menschen gehören, vor Übergriffen und Rassismus zu schützen.

Unser Verständnis von Demokratie beinhaltet das gemeinsame Arbeiten an Strukturen. Ein friedliches demokratisches Miteinander ist nur möglich, wenn alle auf Augenhöhe teilhaben können, und nicht: 

  • Teile der Gesellschaft schlechtere Chancen und Zugänge haben
  • Teile der Gesellschaft Angst vor verbalen und körperlichen Übergriffen haben müssen
  • Teile der Gesellschaft unter Generalverdacht gestellt werden
  • Teile der Gesellschaft sich an niemanden wenden können

 

Als Vertreter:innen der bayerischen Jugendarbeit gehen wir mit gutem Beispiel voran:

  • Wir sichern zu, dass wir Akteur:innen der Jugendarbeit uns einlassen auf einen Prozess, der Konzepte zum Schutz vor Rassismus und Diskriminierung in den verschiedenen Formaten der Jugendarbeit zum Ziel hat - wie z.B. Vertrauenspersonen und Meldemöglichkeit und Handlungskette.
  • Diese Konzepte sollen perspektivisch langfristig gefördert werden.
  • Die Selbstorganisationen von Menschen mit Migrationsbiografie, werden dabei aktiv eingebunden und in ihren Strukturen gestärkt.
  • Bei der Erarbeitung von notwendigen Schutzkonzepten vor sexueller Gewalt, nehmen wir Präventions- und Handlungskonzepte zum Schutz vor Diskriminierung und Rassismus auf.
  • Maßnahmen und Angebote zur Demokratiebildung werden stärker mit Themen und Erfordernisse der Migrationsgesellschaft verschränkt.
  • Kontakte zu Politik und Medien werden genutzt, um ein positives Narrativ zu setzen und sich für die Interessen der muslimischen Mitmenschen stark zu machen.
  • Auf die eigene Sprache und die eigenen Narrative wird geachtet.
  • In der Öffentlichkeitsarbeit wird darauf geachtet, alle Kinder und Jugendlichen frei von Stereotypen darzustellen.

 

Forderungen an die Politik

Projekte und Bemühungen der bayerischen Staatsregierung, die Situation für die muslimischen und als muslimisch gelesenen Menschen zu verbessern, wie z.B. durch: das Projekt „Brückenbauen in der Kommune – Muslimische Teilhabe und gesellschaftliches Zusammenleben im DACH-Raum“, die Zusammenarbeit mit dem Islamforum Bayern, der Fachtag „Muslimisches Leben in Bayern“ etc. sehen wir als wichtige Schritte in die richtige Richtung.

Trotz dieser Bemühungen stellen wir fest, dass noch viele Forderungen offen sind und bestärken die Forderungen unserer Positionen:

https://www.bjr.de/ueber-uns/gremien/beschluesse/antimuslimischen-rassismus-entschieden-bekaempfen

https://www.bjr.de/ueber-uns/gremien/beschluesse/islamfeindlichkeit-entgegenwirken-und-den-islam-gesellschaftlich-anerkennen

Daraus insbesondere:

  • Einrichtung eines Beauftragten für die Belange von muslimischen und als muslimisch gelesenen Menschen
  • Einrichtung einer Meldestelle für antimuslimische Vorfälle
  • Sowohl bei der Einrichtung einer/eines Beauftragten, als auch bei der Einrichtung einer Meldestelle sollen unter Einbezug und im Dialog mit Betroffenen und deren Organisationen die Konzepte und Anbindung geklärt werden
  • Auf Sprache zu achten in Medien und Öffentlichkeit, einen Fokus auf das vielfache Engagement von muslimischen und als muslimisch gelesenen Menschen zu legen und auf ihren Wert für die gesamte Gesellschaft
  • Mehr Sachlichkeit in der Berichterstattung
  • Schutzprogramme gegen Diskriminierung und Rassismus zu unterstützen, sowohl durch Ressourcen, aber auch durch politische Lobbyarbeit
  • Strukturen von muslimischer Jugendarbeit zu unterstützen und zu fördern
  • Eigene Maßnahmen und Projekte zum Thema von Betroffenen begleiten/ beraten zu lassen
  • Schutz der Bevölkerung darf nicht auf Kosten von Minderheiten propagiert werden

 

Des Weiteren fordern wir:

  • Selbstorganisationen von jungen Menschen mit Migrationsbiografie und deren Strukturen zu fördern
  • Im Zusammenhang mit Antirassismus dürfen Projekte zur Extremismusprävention nicht finanziell gekürzt werden
  • Der gesamte Themenkomplex braucht in der Jugendarbeit und beim BJR mehr Ressourcen
  • Antirassismusarbeit stärkt die Demokratie. Investitionen in die Demokratiearbeit um Populismus und rassistischen und antimuslimischen Narrativen etwas entgegenzusetzen sind dringend notwendig. Der BJR fordert daher Kampagnen gegen Rassismus, insbesondere antimuslimischen Rassismus zu unterstützen und zu fördern
  • Die besondere Situation vom muslimischen und als muslimisch gelesenen Frauen und Jugendlichen sind bei den genannten Forderungen besonders in den Blick zu nehmen