„Barrieren sichtbar machen“ – der erste Inklusionstag der Katholischen Stiftungshochschule am Campus Benediktbeuern

Barrieren sichtbar zu machen, um sie dann zugänglich zu machen, ist der Weg, um Inklusion weiter ins Bewusstsein zu holen. Die Inklusionsbemühungen sind in unserer Gesellschaft vielerorts sichtbar, dennoch stehen wir – als Gesellschaft – noch ziemlich am Anfang. Umso besser ist es, dass das Themenfeld Inklusion immer mehr Öffentlichkeit bekommt und auch Orte erreicht, die qua ihrer Funktion als Hochschule nicht in erster Linie für Inklusion - im Sinne von: „Es ist normal, verschieden zu sein und alle können teilhaben!“ bekannt sind und gar nicht dafür sein können. Am 06.06.2023 fand der erste Inklusionstag der Katholischen Stiftungshochschule am Campus Benediktbeuern statt. Hier stellten sich verschiedene Institutionen und Organisation und ihre Aktivitäten im Bereich Inklusion vor. Zu diesem Anlass präsentierten sich die Bildungs- und – Erholungsstätte Langau, das Kinderhaus AtemReich in München und das inklusive Akademiker;innen-Netzwerk  iXNet der Bundesagentur für Arbeit sowie der Bayerische Jugendring.

Nachdem etwa 9,4 Prozent der Einwohner:innen Deutschlands eine Behinderung haben, ist klar: „Es gibt nicht nur ein paar wenige Menschen mit Behinderung, sondern jede:r Dritte ist entweder Angehöriger von Menschen mit Behinderung oder selbst betroffen“, so sagte es Martin Horner von der Bildungs- und – Erholungsstätte Langau. Diese Einrichtung bietet Freizeitangebote für Familien mit Behinderung und ermöglicht so einen Raum für Erholung und Entspannung.

 

Einen Raum für sich zu haben, der nicht aussieht wie die Intensivstation eines Klinikums – das ist auch der Wunsch von Kindern, die aufgrund ihrer sehr schweren, meist mehrfachen Behinderung, auf Beatmung angewiesen sind. Dies ermöglicht das Kinderhaus AtemReich für 18 Kinder im Alter zwischen 8 Wochen und 18 Jahren. Natürlich ist es für Kinder und Jugendliche mit intensivem Pflegebedarf viel schwieriger, am Leben aktiv teilzuhaben. Der relativ neue „Abenteurer Freizeitclub“ des Kinderhaus AtemReich bietet die Möglichkeit, gemeinsam als Gruppe Ausflüge zu machen, an. Damit können die Kinder spannende, neue Dinge erleben und werden außerdem von der Gesellschaft häufiger wahrgenommen. Dies führt längerfristig hoffentlich, dass schwere Mehrfachbehinderungen, bald nicht mehr als seltsam angesehen werden und nicht länger mit Ablehnung, komischen Blicken und Unsicherheit einhergehen.

Wichtig ist es - gerade beim Thema Inklusion, Vielfalt spürbar zu machen und Barrieren für Außenstehende sichtbar werden zu lassen. Dieses Vorhaben ist am Ersten Inklusionstag der Katholischen Stiftungshochschule am Campus Benediktbeuern deutlich geworden. Die Behindertenbeauftragte der KSH Benediktbeuern Annette Eberle, Professorin für Geschichte und Pädagogik in der Sozialen Arbeit,  und viele andere Akteur;innen der KSH möchten eine zukunftsfähige und realistische Vision für eine möglichst inklusive Hochschule vorantreiben. Großes Interesse an weitestgehend inklusiven Hochschulen hat auch das  hier vorgestellte Netzwerk „IXNet“ der Bundesagentur für Arbeit, welches Akademiker:innen mit Behinderung berät  und unterstützt.

 

Barrieren gibt es überall noch sehr viele. Sie abzubauen, funktioniert nicht von heute auf morgen. Gespräche mit Studierenden sowie eine Begehung der Hochschule mit selbst betroffenen Menschen mit Behinderung helfen, Barrieren sehr viel deutlicher wahrzunehmen und regen dazu an, sie zu überwinden und kreative Lösungen zu finden. Barrierefreiheit heißt natürlich nicht nur, dass die Hochschule für Menschen im Rollstuhl zugänglich ist. Markus Ertl, Sprecher des Inklusionsbeirates im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, gab auch eine Einführung in die barrierefreie Gestaltung von Dokumenten. Er demonstrierte, wie kompliziert es für ihn als blinder Mensch ist, Texte zu lesen, wenn diese nicht barrierefrei formatiert sind.

 

Um den Studierenden Barrieren noch greifbarer zu machen, bestand die Möglichkeit, mit speziellen Brillen eine Sehbehinderung zu simulieren und so auf Hindernisse aufmerksam zu machen.

 

Die Sensibilisierung für Barrierefreiheit liegt auch dem Bayerischen Jugendring (BJR) sehr am Herzen.


Der BJR arbeitet im Rahmen des Projekts „Bayerisches Inklusionslabel Jugendarbeit“ eng mit der Katholischen Stiftungshochschule zusammen. Der Projektkoordinator des von Aktion Mensch geförderten Projekts „Bayerisches Inklusionslabel Jugendarbeit“ Nico Wunderle ist selbst Rollstuhlfahrer. Er stellte das Projekt vor und erläuterte die Absichten sowie die Grundhaltung des Projekts. Es geht darum zu zeigen: „Jugendarbeit ist für alle offen“ und die barrierefreie Ausgestaltung der Angebote ist eminent wichtig. Deswegen soll ein Label, welches derzeit in einer offenen, vielfältigen Gruppe erarbeitet wird, zeigen „Dieses Angebot ist barrierefrei!“ und so ermutigen, dass immer mehr Menschen mit Behinderung den Weg in die Jugendarbeit finden. Gleichzeitig bietet das Projekt für Jugendringe und Jugendverbände geförderte Workshops an. So kann es gelingen, Bewusstsein über Barrieren und Inklusion in der Jugendarbeit entwickeln. (Für genauere Infos geht’s hier zum Flyer)

 

Wichtig ist dabei, Inklusion ist kein Thema, das in kürzester Zeit abgehakt werden kann, sondern – und das kam auch bei der abschließenden Diskussion des Tages heraus – ein Prozess, der schnell angegangen werden muss und nicht aus den Augen verloren werden darf. Menschen mit Behinderung sind dabei nicht nur Nutznießer:innen, sondern sie können diesen Prozess mit Leben füllen und aktiv gestalten – frei nach dem Motto der Behindertenbewegung „Nichts über uns ohne uns!“ Klar ist dabei, dass dieser Aktionstag keine einmalige Sache sein darf, sondern es gilt, an der barrierefreien Zugänglichkeit mit Nachdruck weiterzuarbeiten!

Für den Bayerischen Jugendring war diese Veranstaltung ebenfalls ein großer Erfolg. Es gelang die Vernetzung mit Kooperationspartner:innen herzustellen. Im Rahmen des Projekts „Bayerisches Inklusionslabel Jugendarbeit“ soll im Jahr 2024 auch ein Workshop zur Sensibilisierung für Inklusion an der Katholischen Stiftungshochschule stattfinden.

Weiterführende Links: 
Inklusives Netzwerk für Akademiker:innen mit Behinderung  iXNet der Bundesagentur für Arbeit https://ixnet-projekt.de/DE/Home/home_node.html

Kinderhaus AtemReich: https://www.atemreich.de/
Bildungs- und Erholungszentrum Langau https://www.langau.de/ueber-uns/

Ansprechperson

Nico Wunderle
Projektkoordinator "Bayerisches Inklusions-Label" - für die Jugendarbeit