Diversität

Verschiedenheit, Vielfalt, Diversität: Definition und kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff Diversität

Definition

Der Begriff Diversität leitet sich von dem lateinischen Begriff „diversitas“ ab und bedeutet „Vielfalt“. In der Soziologie wird Diversität als ein Konzept verstanden, das die Verschiedenartigkeit der Menschen positiv hervorhebt. Dabei sind die Ebenen der Diversität ebenfalls vielfältig zu verstehen – seien sie über Geschlecht, Kultur, Religion, sexuelle Identität und politische Überzeugung, Weltanschauung, körperliche Verfasstheit, sozialer Stand oder weitere Aspekte der Lebensführung verstanden. Diversität sieht in dieser Verschiedenartigkeit der Menschen eine Bereicherung für eine Gesellschaft. Eine diversitätsbewusste Gesellschaft versteht daher Verschiedenartigkeit als Selbstverständlichkeit, nimmt Unterschiede ohne jedwede Wertung wahr und schafft entsprechend vielfältige Strukturen und Angebote.

Diskriminierende Vorstellungen und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit können nicht unter der Diversität aufgefasst und nicht unter dem Schutz des Diversitätsbewusstseins stehen. Denn diese Vorstellungen sind gerade davon geprägt, Vielfalt nicht zu respektieren und das Eigene über das Andere zu stellen.

Allgemeines Verständnis/Kritik

Das Konzept der Diversität besitzt i.d.R. sechs Kerndimensionen, die auch von der EU- Grundrechtecharta aufgegriffen werden: Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, ethnisch-kulturelle Zugehörigkeit, Religion und Behinderung. Man könnte weitere Ebenen, wie etwa den sozialen oder beruflichen Stand, noch hinzufugen. Dabei hat der Begriff Diversität zunächst nur einen beschreibenden und keinen handlungsorientierten Ansatz. Er stellt die gesellschaftliche Realität in Deutschland in seiner Vielfältigkeit dar. Die Handlungskomponente kommt mit dem Begriff des Diversitätsbewusstseins oder mit dem eng verwandten Konzept der Inklusion zum Tragen. Diversität hat in den letzten Jahren eine höhere Aufmerksamkeit erfahren, da sie mit drei gesellschaftlichen Prozessen eng verbunden ist: Individualisierung, Diversifizierung und Antidiskriminierung. Demnach lässt sich in Deutschland eine zunehmende Individualisierung beobachten, in der die Menschen selbstbestimmt ihre Lebensstile sowie Identitäten definieren. Darüber hinaus ist Deutschland durch Migrationsbewegungen kulturell, ethnisch sowie religiös heterogener, diverser geworden. Letztlich ist das Bewusstsein, gegen Diskriminierungen jedweder Richtung aktiv vorzugehen, bei politischen sowie zivilrechtlichen Einrichtungen gestiegen und Antidiskriminierung zu einem Schlagwort geworden. Alle drei Prozesse haben dazu beigetragen, dass auch Diversität und Diversitätsbewusstsein eine Aufwertung erfahren haben.

Eine zu kritisierende Vereinnahmung des Diversitätsbegriffes geht auf Wirtschaftsunternehmen zurück, die hierzu das Schlagwort diversity management geprägt haben. Hierbei soll allerdings Diversität so funktionalisiert werden, dass eine betriebswirtschaftlich relevante Leistungssteigerung verzeichnet werden kann. Dadurch wird Diversität nur dann gefördert, wenn sie wirtschaftlich profitabel ist. Darüber hinaus kann der Begriff Diversität Machtstrukturen zwischen verschiedenen Gruppen und Privilegien einer bestimmten Gruppe gegenüber anderen zementieren: Wenn etwa das Nebeneinander verschiedener, diverser Gruppen unter der Vorherrschaft einer dieser Gruppen hingenommen wird.

Empfehlungen für die Jugendarbeit

In der Jugendarbeit haben die Begriffe Diversität und Diversitätsbewusstsein eine tragende Funktion und sind eng verbunden mit dem Konzept der Inklusion. Demzufolge muss die Jugendarbeit ein vielfältiges Angebot für die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen schaffen, sie in der individuellen Selbstbestimmung und Gestaltung des jeweiligen Lebensstils unterstützen.

Ziel einer diversitätsbewussten Jugendarbeit ist es, Diversität nicht als ein Defizit oder Problem, sondern als eine Bereicherung anzusehen. Darüber hinaus darf Diversitätsbewusstsein nicht mit einer Funktions- und Leistungssteigerung im Sinne des wirtschaftlich-orientierten diversity managements verwechselt werden. Die Grenze des Diversitätsbewusstseins ist bei den diskriminierenden Merkmalen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit erreicht, da diese gerade einer pluralistischen und diversitätsoffenen Gesellschaft entgegenstehen.

Internationales

Diversität kann synonym zu „diversity“ im internationalen Kontext verwendet werden.

Literatur

Drücker, Ansgar et al. (Hg.) _ Diversitatsbewusste

(internationale) Jugendarbeit. Eine Handreichung.

Dusseldorf, Koln: IDA e. V., 2014.

Europäische Gemeinschaft _ Charta der Grundrechte

der Europaischen Union. → www.europarl.europa.eu/

charter/pdf/text_de.pdf, 2000

Prengel, Annedore _ Padagogik der Vielfalt.

Wiesbaden: VS, 2006.

Vertovec, Steven _ Superdiversitat. In F. Hillman (Hg.):

Migration-Stadt-Citizenship.

Berlin: Heinrich Böll Stiftung, 2012.

Ansprechperson

Hélène Düll
sie/ihr
Referentin für Integration und interkulturelle Jugendarbeit