Foto einer Pressemitteilung

„How are you?"

Institut für Diversity- & Antidiskriminierungsforschung, Hochschule Fresenius und BJR veröffentlichen die Studie rund um junge LSBTIQA* Personen

Im Rahmen der Online-Befragung „How are you?“ haben der BJR und IDA - Institut für Diversity- und Antidiskriminierungsforschung viele LSBTIQA* Jugendliche und junge Erwachsene aus Bayern im Rahmen einer Umfrage befragt, um ein aussagekräftiges Bild zu ihrer Lebenssituation zu gewinnen. Dabei wurde ein besonderer Fokus auf Diskriminierungserfahrungen, Ressourcen und spezifische Bedarfe gesetzt.

Studie veröffentlicht

Vielen Dank an alle junge Menschen, die sich an der Umfrage beteiligt oder diese über ihre Kanäle beworben haben. Die Datensätze wurden ausgewertet und mit den Expert:innen-Beiräten interpretiert. Eine Vorstellung der zentralen Ergebnisse fand in einer Pressekonferenz am 6. Dezember statt. Der vollständige Ergebnisbericht steht als Download oder zum Bestellen zur Verfügung.

  • Vollständiger Ergebnisbericht: Download (pdf) oder Bestellung
  • social media Paket mit 10 Grafiken für Instagram: Download (zip)
  • Zusammenfassung mit wesentlichen Erkenntnissen: Download (pdf)
  • Präsentation zur Vorstellung der Ergebnisse: Download (pdf)
  • Plakate mit der Zusammenfassung der Studie: Download zum Anschauen (pdf), Druckversion (38 MB)

Zusammenfassung der Ergebnisse

Das social media Paket kann frei verwendet und gepostet werden. Außerdem arbeiten wir derzeit noch an Postern, die auch bestellt und/oder selbst ausgedruckt die wichtigsten Ergebnisse zusammen fassen und z. B. für die Weiterarbeit in Workshops als Material eingesetzt werden können.

Dokumentation
Ein Forschungsprojekt zur Lebenssituation queerer Menschen zwischen 14 und 27 Jahren in Bayern.

Pressekonferenz am 6. Dezember 2023

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Bildergalerie

Zur Pressekonferenz am Mittwoch, 6. Dezember 2023 haben der BJR gemeinsam mit dem Institut für Diversity- und Antidiskriminierungsforschung (IDA) in den Presseclub München eingeladen. In der Bildergalerie sind Eindrücke der einstündigen Presseveranstaltung zu sehen, in der BJR-Präsident Philipp Seitz die Studienergebnisse politisch eingeordnet und Prof. Dr. Dominic Frohn sowie Nain Heiligers (beide IDA) die Hintergründe wie auch zentrale Erkenntnisse vorgestellt haben. Lukas Hollering und Kora Hackl (Vorstand und Team vom Jugendnetzwerk Lambda Bayern) sowie Lysander Wöhler (diversity München) gaben Einblicke in die Angebote queerer Jugendarbeit, Queerbeauftragter Patrick Wolf (BJR) moderierte die Veranstaltung. 

Die Bilder können kostenfrei unter Angabe des Bildnachweises "BJR | Daniel Köberle" verwendet werden.

Infos zur Studie

Im Rahmen unserer Online-Befragung „How are you?“ möchten wir möglichst viele LSBTIQA* Jugendliche und junge Erwachsene aus Bayern erreichen, um ein aussagekräftiges Bild zu ihrer Lebenssituation zu gewinnen. Kern der quantitativen Erhebung ist die Lebenssituation von LSBTIQA* Personen im Alter von 14 bis 27 Jahren. Dabei setzen wir einen besonderen Fokus auf Diskriminierungserfahrungen, Ressourcen und spezifische Bedarfe.

Jeder Mensch durchlebt im Laufe seines Lebens einen Entwicklungsprozess hinsichtlich der eigenen Geschlechtlichkeit, geschlechtlichen und sexuellen Identität. Entspricht diese Entwicklung nicht dem endo-cis-heteronormativen zweigeschlechtlichen Gesellschaftsbild, ist dies mit einem erhöhten Aufwand an Identitätsarbeit verbunden (Watzlawik, 2020) und geht häufig mit Diskriminierungen, Konflikten bis hin zu Gewalterfahrungen einher, von denen hauptsächlich die Person selbst und auch das persönliche Umfeld betroffen sein kann.

Nach einem Coming-Out kann es in allen sozialen Bereichen zu ablehnenden Reaktionen kommen, z.B. am Arbeitsplatz, in der Schule, in der Familie, in religiösen Gemeinschaften, (Sport-)Vereinen sowie in der Öffentlichkeit (Frohn, 2005, 2007; Frohn et al., 2017, 2020, 2021; Frohn & Heiligers, 2021; Frohn & Meinhold, 2018; Timmermanns & Böhm, 2020). Aus diversen Studien geht hervor, dass LSBTIQA* Personen in nahezu allen Lebensbereichen von Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen betroffen sind. In den qualitativen wie quantitativen Untersuchungen berichten die Studienteilnehmenden von Anfeindungen, Übergriffen und körperlichen wie seelischen Gewalterfahrungen (Frohn, 2013, 2014; Krell & Oldemeier, 2017; Oldemeier & Wagner, 2020; Timmermanns et al., 2022). Auch hinsichtlich politisch motivierter Hasskriminalität der Themenfelder „sexuelle Orientierung“ und „Geschlecht/sexuelle Identität“ ist ein Anstieg der Straftaten von 782 Taten im Jahr 2020 auf 1051 Straftaten im Jahr 2021 zu verzeichnen (Bundesministerium des Innern und für Heimat, 2022). In einer bayernspezifischen Studie berichtete jede:r zweite queere Befragte über 16 von Diskriminierungserfahrungen aufgrund der sexuellen und/oder geschlechtlichen Identität (Oldemeier & Wagner, 2021). Auch der bayerischen LGBTIQ* Fachstelle Strong! wurden 2021 insgesamt 165 Vorfälle von Gewalt und Diskriminierung, d.h. 64 Fälle mehr als im Vorjahr, gemeldet (Strong! LGBTIQ* Fachstelle gegen Diskriminierung und Gewalt, 2021). Gleichzeitig ist anzunehmen, dass die Dunkelziffern diese Zahlen noch um einiges übersteigen.

Diese Erfahrungen können sich auf die Gesundheit und das Wohlbefinden queerer Menschen negativ auswirken. In einer Untersuchung zur mentalen Gesundheit LSBTQ* Jugendlicher in den USA (The Travor Project, 2022) berichteten fast drei Viertel (73 %) der Befragten von Angst- sowie über die Hälfte von Depressionssymptomen (58 %). Auch sind die Zahlen zu Suizidgedanken und -versuchen bei queeren Jugendlichen deutlich erhöht: Fast die Hälfte aller 13- bis 24-jährigen Befragten stimmte zu, innerhalb des letzten Jahres Suizidgedanken erlebt zu haben. In diesen kritischen Lebenssituationen, bei der Bewältigung schwieriger Entwicklungsaufgaben oder auch solcher krisenhaften Ereignisse helfen Vernetzung, Unterstützung und Beratung. Gerade ein unterstützendes und queerfreundliches Umfeld hat einen positiven Einfluss auf die (psychische) Gesundheit queerer Jugendlicher. So zeigten sich beispielsweise bei Jugendlichen, die in queerfreundlichen Räumen leben, signifikant geringere Suizidraten als bei queeren Jugendlichen, die nur geringe oder moderate Unterstützung erfahren (The Travor Project, 2022).

LSBTIQ* Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Bayern fehlen ausreichend queerfreundliche Strukturen und Angebote: Es existieren bisher nur wenige Vereine und Projekte, die sich für LSBTIQ* Personen einsetzen, Beratung anbieten, Schutzräume für Austausch und Vernetzung ermöglichen und sich gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wie Homosexuellenfeindlichkeit und Trans*/Inter*feindlichkeit (zusammengefasst: Queerfeindlichkeit) engagieren. Bestehende Projekte und Initiativen sind oft nur in den großen Ballungsräumen der Großstädte zu finden (Brodersen et al., 2022). Im ländlichen Raum fehlen sie teilweise komplett oder sind rein ehrenamtlich organisiert. Insbesondere für junge LSBTIQA* Jugendliche aus ländlichen Regionen sind Zugangshürden zu beobachten: So nahmen in einer Deutschland weiten Untersuchung junge Menschen aus ländlichen Regionen zweieinhalb Mal seltener LSBTIQA* Angebote wahr als queere Menschen aus städtischen Regionen (Brodersen et al., 2022). Insgesamt nahm ein Viertel der 14- bis 27-Jährigen an Angeboten der queeren Jugendarbeit teil. Beratungsstellen mit LSBTIQA* Bezug wurden nur von 15 % der Jugendlichen aufgesucht. In Bayern wiederum war festzustellen, dass sich nach Diskriminierungserfahrungen lediglich 5 % aller queeren Befragten an eine Beratungsstelle wandten (Oldemeier & Wagner, 2021).

Die Datenlage zur Lebenssituation sowie Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen von LSBTIQA* Jugendlichen in Bayern ist bislang unzureichend. Aus der bisherigen Forschung ist zu schließen, dass junge queere Menschen insbesondere von Diskriminierung sowie negativer Auswirkungen auf ihre Gesundheit betroffen sind. Ein queerfreundliches, unterstützendes Umfeld kann wiederrum einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden von LSBTIQA* Jugendlichen haben. Spezifische queere Angebote, die Raum für Austausch, Vernetzung und Empowerment bieten, können dabei eine elementare Funktion einnehmen, um die Lebenssituation queerer Jugend zu verbessern. Die Zugänge zu solchen Angeboten scheinen allerdings im Stadt-Land-Vergleich nicht gleichermaßen gegeben zu sein. Ein zentrales Anliegen dieser Befragung ist daher, neben Zahlen zur Gesundheit und Diskriminierungserfahrungen, auch die Bedarfe hinsichtlich spezialisierter und nachhaltiger Strukturen für junge queere Menschen in Bayern zu erheben. Auf Grundlage der Ergebnisse sollen Empfehlungen für potenzielle Ansatzpunkte und Maßnahmen zur Unterstützung sowie zum Empowerment für LSBTIQA* abgeleitet werden.

Brodersen, F., Gaupp, N., Krell, C., & Stachowiak, P. (2022). Wen und was erreicht queere Jugendarbeit? unsere jugend, 74(8), 378–389. doi.org/10.2378/uj2022.art55d

Bundesministerium des Innern und für Heimat. (2022). Straf- und Gewalttaten im Bereich Hasskriminalität 2020 und 2021. Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI).

Frohn, D. (2005). Subjektive Theorien von Lesben und Schwulen zum Coming Out – eine explorative Studie. In Kölner Psychologische Studien. Beiträge zur natur-, kultur-, sozialwissenschaftlichen Psychologie (Bd. 10, S. 19–63).

Frohn, D. (2007). „Out im Office?!“ Sexuelle Identität, (Anti-)Diskriminierung und Diversity am Arbeitsplatz (S. 56). Schwules Netzwerk.

Frohn, D. (2013). Subjektive Theorien von lesbischen, schwulen und bisexuellen bzw. Transidenten Beschäftigten zum Umgang mit ihrer sexuellen bzw. Ihrer Geschlechtsidentität im Kontext ihrer beruflichen Tätigkeit – eine explorative qualitative Studie. Forum Qualitative Sozialforschung, 14(3), 82. doi.org/10.17169/fqs-14.3.1933

Frohn, D. (2014). Die Arbeitssituation von LSBT*-Beschäftigten: Reanalyse einer Online-Befragung unter differenzieller Perspektive. Zeitschrift für Sexualforschung, 27(04), 328–351. doi.org/10.1055/s-0034-1385658

Frohn, D., & Heiligers, N. (2021). Bi & Pan im Office?! Die Arbeitssituation von bi- und pansexuellen Personen in Deutschland. IDA | Institut für Diversity- & Antidiskriminierungsforschung. www.diversity-institut.info/downloads/IDA_2022_Bi_Pan_2022_01_17.pdf

Frohn, D., & Meinhold, F. (2018). »Out im Office?!« Sonderauswertung NRW. Sexuelle Identität und Geschlechtsidentität, (Anti-)Diskriminierung und Diversity am Arbeitsplatz (S. 60). IDA | Institut für Diversity- & Antidiskriminierungsforschung.

Frohn, D., Meinhold, F., & Schmidt, C. (2017). »Out im Office?!« Sexuelle Identität und Geschlechtsidentität, (Anti-)Diskriminierung und Diversity am Arbeitsplatz. IDA | Institut für Diversity- & Antidiskriminierungsforschung. www.diversity-institut.info/downloads/IDA_Out-im-Office_Web_180811.pdf

Frohn, D., Wiens, M., Buhl, S., Peitzmann, M., & Heiligers, N. (2020). »Inter* im Office?!« Die Arbeitssituation von inter* Personen in Deutschland unter differenzieller Perspektive zu (endo*) LSBT*Q+ Personen. IDA | Institut für Diversity- & Antidiskriminierungsforschung. www.diversity-institut.info/downloads/IDA_Studie_Inter_2021_03_02.pdf

Frohn, D., Wiens, M., Buhl, S., Peitzmann, M., & Heiligers, N. (2021). »Out im Office! Out vor Kunden_innen?« Die Arbeitssituation von LSBT*I*Q+ Personen in Kunden_innen-Kontakt. IDA | Institut für Diversity- & Antidiskriminierungsforschung. www.diversity-institut.info/downloads/IDA_2021_Kunden_innen_2021_05_01.pdf

Krell, C., & Oldemeier, K. (2017). Coming-out—Und dann...?! Coming-out-Verläufe und Diskri- minierungserfahrungen von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans* und queeren Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland. Barbara Budrich. doi.org/10.2307/j.ctvddzs8p

Oldemeier, K., & Wagner, A. (2020, Mai). Queeres Leben in Bayern.

Oldemeier, K., & Wagner, A. (2021). Queeres Leben in Bayern. Soziale Passagen, 13(1), 31–54. doi.org/10.1007/s12592-021-00382-5

Strong! LGBTIQ* Fachstelle gegen Diskriminierung und Gewalt. (o. J.). Jahresbericht 2021.

The Travor Project. (2022). National Survey on LGBTQ Youth Mental Health. The Travor Project.

Timmermanns, S., & Böhm, M. (2020). Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt. Interdisziplinäre Perspektiven aus Wissenschaft und Praxis. Beltz Juventa.

Timmermanns, S., Graf, N., Merz, S., & Stöver, H. (2022). Wie geht’s euch? Psychosoziale Gesundheit und Wohlbefinden von LSBTIQ*. Beltz Juventa.

Watzlawik, M. (2020). Sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentitäten: Thinking outside the box(es)? Überlegungen aus entwicklungspsychologischer Perspektive. In S. Timmermanns & M. Böhm (Hrsg.), Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt. Interdisziplinäre Per- spektiven aus Wissenschaft und Praxis (S. 22–39). Beltz Juventa.

Ansprechperson

Patrick Wolf
er/ihm
Büroleiter und Queer-Beauftragter