Der BJR vernetzt ehrenamtliche und hauptberufliche Fachkräfte, "Youthworker", international miteinander. Der internationale Fachkräfte-Austausch fördert dabei den fachlichen Austausch in den unterschiedlichen Themenfeldern der Jugendarbeit, die persönliche Weiterentwicklung der in der Jugendarbeit tätigen Menschen und damit auch die Weiterentwicklung und Innovation der bayerischen Jugendarbeit. Ein großes Ziel dabei sind auch die Stärkung neuer und bestehender internationaler Netzwerke für den Jugendaustausch vor Ort.
2024 organisert der BJR gemeinsam mit seinen griechischen Partnern Filoxenia und Elix einen Austausch. Das Vorbereitungstreffen fand bereits im April 2024 statt. Der Austausch ist im Oktober geplant.
Der Austausch findet unter dem Motto "Call to Action" statt. Dieser spezielle Austausch wird mit Jugendlichen aus der jungen bayerischen Filmszene gemeinsam mit Jugendlichen mit Interesse am Thema Film aus Griechenland durchgeführt. Die wohl bekannteste Theorie zum Ablauf einer gelingenden und spannenden Geschichte ist die Held:innenreise. Diese Form ist das Konzentrat dessen wie sich Menschen seit Jahrhunderten Geschichten erzählen. Die Held:innenreise beschreibt den Weg der:des Held:in von seiner gewohnten Umgebung in eine unbekannte Welt und zurück. Es geht um eine innere (psychologische) und eine äußere Reise (das was man sieht) der Protagonist:innen. Die Jugendgruppe wird so gleichzeitig Reisegruppe, Filmteam und Schauspielensemble. Die Geschichte für den Film wird während der Reise geschrieben, erweitert und durchgführt. Als Inspiration dienen die hinzugewonnenen Eindrücke der Reise. Der persönliche Erfahrungshorizont wird erweitert und im Film dekonstruiert. Die Reise wird ein Erlebnis- und Erfahrungsraum, Austauschort und Szenerie. Der Weg ist das Ziel und wird im Produkt sichtbar.
Während des Vorbereitungstreffens konnten sich die Organisationen kennenlernen und das Konzept für den Austausch im Herbst 2024 finalisieren. Der BJR konnte die Region Kryoneri in Griechenland und die Jugendarbeitsstrukturen kennenlernen.
Der Austausch wird vom Deutsch-Griechischen Jugendwerk gefördert.
Die KEKS Conference fand im Mai 2023 in Schweden statt und wurde von der schwedischen Netzwerk KEKS organisiert. Die Konferenz bot eine sehr gute Möglichkeit um sich auszutauschen, best practice Beispiele aus anderen Ländern kennenzulernen und neue Erfahrungen zu sammeln. Auf der Konferenz sammelt sich sehr viel unterschiedliche Expertise, denn Teilnehmende waren sowohl lokale Jugendpfleger:innen als auch Streetworker, Jugendarbeiter:innen und viele weitere. Der BJR nahm insbesondere am internationalen Teil der Konferenz mit zahlreichen weiteren Organisationen aus anderen Ländern teil.
YOUTH2022 ist das Jahrestreffen des finnischen Jugendrings. Nach einer Corona-Pause fand das Treffen nun wieder vom 26.-27. April 2022 in Finnland statt. Dort trafen sich rund 2.200 finnische und internationale Teilnehmende, Fachkräfte, Wissenschaftler:innen und Vertreter:innen von Jugendorganisationen. Während zahlreichen Workshops, Vorträgen und Diskussionsrunden konnten sich die Teilnehmenden zu verschiedenen Themen der europäischen Jugendarbeit – Partizipationsmöglichkeiten in Europa, präventive Arbeit, Qualitätsstandards in der Jugendarbeit sowie die Auswirkungen der Ukraine-Kriegs auf Jugendliche - austauschen. Die internationalen Partner nutzten zudem die Möglichkeit, um mehr über die finnische Jugendarbeit zu erfahren, sich mit Jugendarbeiter:innen aus Jyväskylä auszutauschen und ein Jugendzentrum zu besuchen. Auch dieses Jahr nahm der BJR, wie bereits 2019 und 2020, teil, um sich auszutauschen und zu vernetzen sowie neue Partner kennenzulernen.
Das virtuelle Fachkräfteseminar fand mit 9 verschiedenen europäischen Partnerorganisationen vom 18.-22. September 2021 statt.
Anlass für das Fachkräfteseminar war der 3. Bundeskongress Kinder- und Jugendarbeit, der vom 20.-22. September 2021 Corona-bedingt online durchgeführt wurde. Diese Gelegenheit wurde für das Seminar genutzt, um mit unterschiedlichsten Akteuren aus der Praxis der Jugendarbeit und aus der Forschung ins Gespräch zu kommen. Die Partnerorganisationen konnten so einerseits Impulse für die eigene Arbeit vor Ort mitnehmen, andererseits bot es die Möglichkeit, europäische Perspektiven in den deutschen Diskurs einzuspeisen.
Noris 2021 hatte das Ziel den fachlichen Austausch der Multiplikator:innen der europäischen Jugendarbeit zu ermöglichen und zu stärken sowie den Partnerorganisationen Impulse für die eigene Arbeit zu geben. Durch verschiedene Workshops, Vorträge und Austauschformate konnten die Teilnehmenden aktuelle Themen der Jugendarbeit vertieft kennenlernen, sich mit anderen Multiplikator:innen vernetzen und neue Ansätze und Ideen für die eigene Arbeit vor Ort mitnehmen. Dazu wurden Expert:innen, politische Entscheidungsträger:innen und Vertreter:innen von Jugendorganisationen eingeladen.
Zusätzlich bot der 3. Bundeskongress Kinder- und Jugendarbeit eine vielfältige Möglichkeit des Austausches und der thematischen Auseinandersetzung. Dabei konnten die Teilnehmenden sich ein maßgeschneidertes Programm zusammenstellen, das am besten zu ihrem eigenen Arbeitsfeld, ihren Interessen und Herausforderungen passt. Durch dieses individuelle und bedarfsorientierte Programm konnte sichergestellt werden, dass das angeeignete Wissen in der täglichen Arbeit seine Umsetzung findet.
Inhaltlich fokussierte sich die Debatte unter anderem auf die Herausforderungen der europäischen Jugendarbeit, die Herausforderungen von Covid-19 auf die internationale Jugendarbeit, Digitalisierung und die digitale Lücke, den steigenden Druck auf die Zivilgesellschaft und die Jugendorganisationen, die EU-Jugendarbeitsagenda sowie physische Gesundheit. So wurde deutlich, dass die europäische Jugendarbeit zum einen sehr unterschiedliche und vielfältige Themen abdecken muss und zum anderen in verschiedenen europäischen Ländern vor den gleichen Herausforderungen steht und die gleichen Themen in den Vordergrund rückt.
Schon in der Vergangenheit hatten der BJR und seine Gliederungen mit den Jugendzentren in der Region Bartin an der Schwarzmeerküste kooperiert. 2018 reisten 15 ehrenamtlich und hauptberufliche Fachkräfte in die Türkei, erst nach Istanbul und dann an die Schwarzmeerküste zu unseren Kooperationspartnern Bartın Gençlik Hizmetleri ve Spor İl Müdürlüğü Gençlik Merkezi. Bei der Rückbegegnung in Bayern erlebten 15 Jugendarbeiter:innen aus der Region Bartin verschiedene Programmpunkte in München, Augsburg, Penzberg und Garmisch-Partenkirchen. Leitfragen der Maßnahme waren u.a. Was bewegt die Jugend und die Jugendarbeit in der Türkei heute? Was können wir voneinander lernen? Und was ist notwendig für eine Zusammenarbeit?
Der Fachkräfteaustausch in Kooperation mit der Panhellenic Youth Workers Association fand mit 18 Jugendarbeiter_innen aus ganz Griechenland im Dezember 2017 in München und Würzburg statt. Die Rückbegegnung mit 14 haupt- und ehrenamtlichen Fachkräften der bayerischen Jugendarbeit im Oktober 2018 führte uns auf die Peleponnes und nach Athen. Ziel der Maßnahmen war der fachliche Austausch, Besuche in unterschiedlichen Einrichtungen und Organisationen von und für Jugend, Informationen zur aktuellen Situation der Jugend und der Jugendarbeit vor Ort sowie die Ermöglichung von selbstorganisierten Jugendaustauschprojekte. Zeitgleich unterschrieben Deutschland und Griechenland das Abkommen zu Gründung eines Deutsch-Griechischen Jugendwerkes.
Autorin: Katrin Valentin
In Jurmala, einem Küstenort in der Nähe von Riga (Lettland), versammelten sich im November 2024 Aktive der Jugendarbeit aus verschiedenen Ländern Europas, unter anderem aus Armenien, Belgien (Flandern), Estland, Finnland, Griechenland, Irland, Italien, Litauen, Malta, Spanien, Ungarn und natürlich Deutschland und Lettland. „Eat SNACK Agora“ wurde veranstaltet von SALTO Youth, einem Netzwerk von sieben Agencies in Europa, die zu Jugendarbeit arbeiten, finanziert durch ERASMUS+. Beladen mit einem Haufen unbewusster Vorannahmen trat ich meine Busreise von Nürnberg ins Baltikum an: 30 Stunden im engen Bus bis nach Riga. Eine Zugverbindung wäre undenkbar gewesen, da das Schienennetz dort nur ungenügend ausgebaut ist, ein Flug in Zeiten des Klimawandels für mich nicht mehr so ohne Weiteres rechtfertigbar.
Es ging um einen Austausch zu Lehre und Weiterbildung in der Jugendarbeit. Kein einfaches Vorhaben, wenn man bedenkt, wie unterschiedlich die jeweiligen Rahmenbedingungen und Verständnisse von Jugendarbeit in den verschiedenen Ländern sind: bezogen auf die Funktionen und Aufgaben, Rolle von Haupt- und Ehrenamtlichen, Ressourcen, theoretischen Bezüge und historische Genese. Doch als läge ein tieferliegendes gemeinsames Grundverständnis dem jeweiligen Tun inne, erlebte ich die Tage geprägt von großer Harmonie, gegenseitiger Unterstützung und wohlgesinnter Verständigung trotz erkennbar unterschiedlicher Ausgangslage.
Wie so oft bei internationalen Begegnungen bekommt man als Deutsche vor Augen geführt, wie paradiesisch die Situation in Deutschland für die Jugendarbeit im Vergleich ist: eine Jahrzehnte lange theoretische und praktische Auseinandersetzung mit Prinzipien der Jugendarbeit, eine historisch gewachsene Ausrichtung auf die Subjektorientierung, eine immense Bereitstellung von hauptamtlichen Fachkräften, eine gesetzliche Verankerung, eine Berücksichtigung von Themen der Jugendarbeit in den Hochschulen sowie etablierten Einrichtungen zur Weiterbildung und sogar langjährige Forschung zu dem Handlungsfeld. Bei allem begründeten Jammern über Zustände, die zu bemängeln sind, erlebte ich doch eine gewisse Demut, wenn ich sah, welchen Herausforderungen sich Engagierte in anderen Ländern im Handlungsfeld Jugendarbeit stellen müssen.
Zugleich musste ich jedoch feststellen, mit welch naiven Vorurteilen ich – aus Old Europe – diese Reise angetreten hatte. Ich war zutiefst beeindruckt, auf welch hohem fachlichen Niveau hier diskutiert wurde, auch wenn Vertreter:innen aus Ländern kamen, die erst seit wenigen Jahrzehnten systematisch das Handlungsfeld Jugendarbeit aufbauen. Da stecken einige von ihnen ganz klar viele von uns in Deutschland in die Tasche. Möglicherweise lässt sich das dadurch erklären, dass in diesen Ländern eben ganz frisch und sehr fundiert die Arbeit neu aufgezogen wird und in unserem Land durch seine etablierten Arbeitszusammenhänge mitunter weniger Innovationsanlässe zu bestehen scheinen.
Fünf Kernthemen identifizierten die Veranstaltungsverantwortlichen der National Agencies: die politische Dimension, Anerkennung & Validierung, die europäische Dimension, die berufliche Identität und eine reflektierte Praxis. Für mich persönlich war vor allem die Europäische Dimension am interessantesten. Ich halte deren Berücksichtigung für eine Antwort auf ganz unterschiedliche große globale Herausforderungen, die für die Jugendarbeit und deren Lehr- und Weiterbildungsformate von hoher Relevanz sind. Die Auseinandersetzung mit Europa-Bezügen in der Jugendarbeit kann sich unter anderem in einer Global Citizenship Education als einen Teil einer Bildung für nachhaltige Entwicklung niederschlagen, sie kann ein Umgang mit der Wandlung hin zu einer postmigrantischen Gesellschaft darstellen und sie kann durch die Abschwächung von nationalen Bezügen eine proaktive Auseinandersetzung mit den Folgen einer digitalisierten Lebenswelt darstellen.
Natürlich gibt es auch Kritisches anzumerken, schließlich habe ich einen Beruf gewählt, bei dem ich fürs Schlaumeiern bezahlt werde: Es wurden so gut wie keine Theorien und Inhalte angesprochen. Mir als Lehrende sowohl im formalen wie auch im non-formalen Setting ist es nun nicht möglich, Ansätze und Bezüge von anderen vertiefend zu erkunden, weil ich so gut wie keine Quellenangaben oder auch nur theoretische Verortungen zu den Beiträgen oder methodischen Vorgehensweisen mitnehmen konnte. Auch wurde immer wieder missverständlich diskutiert, was gemeinhin durch den Verweis auf eine theoretische Verortung reduziert wird. Das schwächt den Impact, den so ein Austausch haben kann, in meinen Augen immens. Zudem wurden Themen, die ich für zentral in der Weiterentwicklung der Lehre erachte, wie der z.B. die technische Revolution, die durch Algorithmen entsteht, die wir Künstliche Intelligenz nennen, die Auswirkungen der Klimakrise und natürlich der Wandel hin zur postmigrantischen Gesellschaft nur nebenbei adressiert. Da arbeite ich tagelang mit Menschen zusammen, die eine direkte Grenze zu Russland haben und erfahre nichts darüber, wie in der Jugendarbeit und der Lehre dazu mit dem Thema Krieg umgegangen wird!
Nun weiß ich, dass dieses Arrangement eine bewusste Entscheidung der Veranstaltungsverantwortlichen war und unter Umständen dafür andere Prozesse ermöglicht wurden. Sie setzten den Schwerpunkt auf das gemeinsame Erleben und das wurde mit viel methodischer Raffinesse unterstützt: Wir betrieben Storytelling, führten einen Schauprozess durch, tanzten miteinander und erhielten wunderschöne Plakate zu Visual Learning. Diese Veranstaltung war Bestandteil einer Reihe derartiger Tagungen, bei denen jeweils unterschiedliche Schwerpunktsetzungen vorgenommen werden. Ich hoffe sehr, noch weiter daran teilhaben zu können, auch um dann noch mehr inhaltliche Aspekte und theoretische Bezüge mitnehmen und in der Lehre weitergeben zu können.
Katrin Valentin ist Professorin für Pädagogik an der Evangelischen Hochschule Nürnberg. Infos: www.evhn.de und www.katrin-valentin.de