Die Delegierten der 156. Vollversammlung des Bayerischen Jugendrings fordern den Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie insbesondere den Abbau besonderer Härten.
Die Entwicklung der Persönlichkeit, Bildung, Eigenständigkeit, Partizipation und Gesundheit sind unveräußerliche Rechte von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Diese sind im SGB VIII und in der UN-Kinderrechtskonvention, die Deutschland am 06.03.1992 ratifiziert hat, grundgelegt. Dieses zu wahren und umzusetzen, darum geht es auch und gerade in Krisenzeiten!
Der Bayerische Jugendring setzt sich seit Jahren für das Wohl von geflüchteten Kindern und Jugendlichen ein. Insbesondere seit 2015 hat sich der BJR vielfach positioniert und Maßnahmen in Projekten ergriffen.
Beispielhaft seien hier folgende Positionspapiere genannt:
155. Vollversammlung: „Für ein sicheres Ankunftsland“
154. Vollversammlung: „Frauen auf der Flucht - Die Verantwortung der Europäischen Union (EU)“
152. Vollversammlung: „Für ein Klima der Menschenfreundlichkeit“
Insbesondere im „Aktionsprogramm Mitanand - Jugendarbeit in der Migrationsgesellschaft“, werden seit 2015 viele Angebote gemacht, um junge Geflüchtete in die Jugendarbeit zu integrieren und Fachkräfte zu schulen. Dafür wurde eng mit Integration fördernden Initiativen und Einrichtungen kooperiert, junge Geflüchtete qualifiziert und Jugendarbeit beraten.
Junge Geflüchtete leiden unter der Krise: verringerte Angebote und Partizipationsmöglichkeiten, insbesondere ehrenamtliche Unterstützungsmaßnahmen, geringe technische Ausstattung zur Wahrnehmung von Online-Angeboten, erschwerte Zugänge zu Sprachkursen und Sprachanlässen sowie zu Behörden und Beratungsstellen, beengte Wohnräume, Stress- und Lärmbelastung treffen sie in besonderem Maße. Hinzu kommen prekäre Arbeitsverhältnisse, Unsicherheiten bei den Ausbildungsstellen und mangelnde Job-Möglichkeiten.
Besonders betroffen: junge Geflüchtete in Unterkünften
Die Erfahrungen aus der ersten Welle der Covid19-Pandemie haben deutlich gezeigt, dass aufgrund ihrer Unterbringungssituation von allen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte besonders stark geflüchtete Menschen in Unterkünften von den Auswirkungen der Ausgeh- und Kontaktbeschränkungen betroffen sind. Dies wurde vom bayerischen Flüchtlingsrat, dem Münchener Flüchtlingsrat, den Wohlfahrtsverbänden und der Presse vielfach thematisiert.
Für viele Unterkünfte galt ein staatlich verordnetes Betretungsverbot. Dies führte vielerorts zu einer kompletten Abschottung der Unterkünfte. Das hatte zur Folge, dass weder junge Geflüchtete Angebote außerhalb der Unterkünfte wahrnehmen konnten, noch konnten Angebote der Jugendarbeit, der Beratungsdienste oder der Ehrenamtsinitiativen in die Unterkünfte kommen. Die technischen Möglichkeiten waren/sind für eine erfolgreiche Online-Beschulung oder Online Sprachkurse nicht vorhanden. Die Einrichtung von W-Lan Hotspots wurde von Seiten der Bezirksregierungen mit Verweis auf staatliche Vorgaben unterbunden. Die Bewohner:innen haben keine Möglichkeit hier Verträge mit Anbietern zu schließen, die Möglichkeiten mit dem Mobiltelefon Daten herunterzuladen waren und sind begrenzt. Hygiene- und Schutzmaßnahmen konnten/können aufgrund der hohen Belegungszahlen häufig nicht umgesetzt werden. Dies belegen zahlreiche Presse- und Betroffenenberichte. Notwendige Behördengänge konnten nicht oder nicht im notwendigen Umfang durchgeführt werden, da viele Behörden ihren Publikumsverkehr eingestellt hatten. Die unklare Situation und der Mangel an Informationen führten zu vielen Ängsten sowie zu einer Perspektiv – und Hilflosigkeit junger geflüchteter Menschen. Durch den Lockdown stieg die psychische Belastung, da die Geflüchteten auf ihrer Flucht immer wieder in negativ erlebten Situationen eingeschlossen waren.
Der Bayerische Jugendring stellt fest, dass die gängige Unterbringungspraxis zu den Teilhabe-, Menschen- und Bildungsrechten der betroffenen Kinder und Jugendlichen im Widerspruch steht. Die Rahmenbedingungen erschweren es, dass insbesondere junge Geflüchtete ihre Rechte in Anspruch nehmen können. Die Praxis scheint sich hier an Ausgrenzung, Abschottung und Abschreckung zur vermeintlichen Vermeidung von sog. „Pull-Faktoren“ zu orientieren statt am Recht auf Bildung und Teilhabe.
Diese universellen Rechte müssen allen Kindern und Jugendlichen zustehen, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus oder dem ihrer Eltern oder der vermeintlichen „Bleibeperspektive“.
„Heim - TÜV“ für Bayern: Entwicklung und Umsetzung von Standards in Flüchtlingsunterkünften
Die Situation in den Unterkünften ist unübersichtlich und uneinheitlich. Es braucht dringend einheitliche und verbindliche Standards für die Unterkünfte und Einrichtungen für Geflüchtete, deren Einhaltung geprüft und bei deren Nicht-Einhaltung Konsequenzen gezogen werden. Bei der Erstellung der Standards sind unbedingt Beteiligte und Expert:innen einzubeziehen, also die Bewohner_innen selbst, Vertreter:innen der Regierungsbezirke und kommunalen Spitzen, die bayerische Kinder- und Jugendhilfe, die bayerische Jugend(sozial-)arbeit, die freien Wohlfahrtsverbände sowie der bayerische Flüchtlingsrat. Fachstellen des BJR und der Jugendsozialarbeit müssen in die Prüfung einbezogen werden, um die Aspekte der Jugendarbeit und der Jugendsozialarbeit zu berücksichtigen. Dieser „Heim-TÜV“ für bayerische Unterkünfte sollte insbesondere sicherstellen, dass eine menschenwürdige Unterbringung, Jugendschutz, das Jugendhilferecht sowie die Kinderrechte in den Unterkünften eingehalten werden.
Der 2011 entwickelte und bis 2019 erfolgreich weiterentwickelte Heim-TÜV vom Freistaat Sachsen bietet sehr gute Ansatzpunkte, auch für die Umsetzung in Bayern. Folgende Faktoren fordert der BJR für einen bayerischen Heim-TÜV:
Bildung und Sprache
Es braucht dringend flexible und pragmatische Formen der Sprachvermittlung und Spracheinübung. Gleichzeitig ist sicherzustellen, dass die jungen Geflüchteten auch über geeignete Rahmenbedingungen verfügen. Das Ziel sollte sein, dass möglichst viele junge Menschen das entsprechende Sprachniveau erreichen. Hierzu bedarf es ausreichend geeigneter Förderangebote und Lernbegleitung.
Keine besonderen Härten für junge Geflüchtete
Des Weiteren fordert der BJR die Bayerische Staatsregierung auf, darauf zu achten, dass die Maßnahmen zum Schutz vor Infektion in Pandemiezeiten nicht zu neuen besonderen Härten für junge Geflüchtete führen. Insbesondere: