19.06.2021

Gegen die Spaltung - für eine plurale Demokratie

Die Delegierten der 158. BJR-Vollversammlung beschließen, Jugendarbeit als Wirk- und Werkstätte der Demokratie sowie das Engagement im Bereich der Demokratie-Bildung zu verstärken. Dazu will die Jugendarbeit niemandem eine politische Bühne bieten, der einer vielfältigen und pluralen Grundhaltung von Menschen verschiedenen Glaubens, sexueller Orientierung, diverser Geschlechter und unterschiedlichster Herkunftsbiographien sowie verschiedenster politischer, religiöser und weltanschaulicher Grundüberzeugungen widerspricht.

Der Bayerische Jugendring (BJR) setzt sich seit seiner Gründung im Jahr 1947 für eine lebendige Demokratie ein, die vom Bild einer menschenfreundlichen Gesellschaft geprägt ist – einer Gesellschaft, in der jeder und jede ohne Ansicht der Person die gleiche Würde hat. Jugendorganisationen, während der Naziherrschaft verboten oder gleichgeschaltet, hatten sich deshalb auch direkt nach dem zweiten Weltkrieg wiedergegründet und repräsentieren seither eine plurale Gesellschaft, die geprägt ist von verschiedenen Weltanschauungen, die aber eines eint: Der Wertekanon des Grundgesetzes und die Achtung der Würde des Menschen.

Den Jugendorganisationen kommt deshalb von Anfang an in der Demokratie-Bildung eine für die Gesellschaft grundlegende Bedeutung zu. Deshalb setzen sie sich in ihrer Arbeit und in ihrem Zusammenschluss - dem Jugendring - für diese Werte ein, die es Kindern und Jugendlichen ermöglichen, ihre Persönlichkeit frei zu entfalten, ihren Wünschen und Bedürfnissen Ausdruck zu verleihen und somit auch die Gesellschaft mitzugestalten. Interessenvertretung und politische Bildungsarbeit sind deshalb untrennbar verbunden und nicht von ungefähr gesetzliche Aufgaben der Jugendarbeit.

Umso mehr sind gerade junge Menschen durch die Entwicklungen der letzten Jahre stark alarmiert und in Sorge. In der Gesellschaft sind immer schärfer Spaltungen und Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit wahrnehmbar, die sich zum Teil in bloßen Aussagen, aber auch in Übergriffen und Straftaten äußern und die einen friedlichen und freiheitlichen demokratischen Diskurs stören, zum Teil sogar verunmöglichen. Durch den Einzug einer extrem rechten Partei in Parlamente auf jeder Ebene wird diese Wirkung verschärft. Auch wenn allen Parteien, eben aus der Erfahrung der deutschen Geschichte, ein fundamentaler Schutz qua Grundgesetz zukommt, wollen wir an vielen Stellen nicht schweigen.

Die Partei Alternative für Deutschland (AfD) sorgt durch ihre Programmatik und ihre Tätigkeit dafür, dass der politische Streit nicht fruchtbar ausgetragen wird, sondern Spaltungen vertieft werden. Immer wieder greift sie in Anfragen und Anträgen - nicht nur in Bayern - die Vielfalt der Verbände an. Immer wieder behauptet sie, bestimmte Jugendorganisationen befänden sich nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Immer wieder will sie uns entzweien und mundtot machen durch ihre Art der Politik. Das Gesellschaftsmodell, das die AfD anstrebt, widerspricht unseren Grundüberzeugungen. Deshalb halten die Jugendorganisationen Bayerns den Inhalten der AfD ihr Gesellschaftsmodell der gleichberechtigten Vielfalt entgegen:

Die Vielfalt unserer Gesellschaft spiegelt sich bei den in der verbandlichen Jugendarbeit engagierten Menschen wider. In unseren Strukturen wirken gleichberechtigt und auf Augenhöhe Menschen verschiedenen Glaubens, sexueller Orientierung, diverser Geschlechter und unterschiedlichster Herkunftsbiographien ebenso zusammen, wie verschiedenste politische, religiöse und weltanschauliche Grundüberzeugungen. Vereint in der gegenseitigen Wertschätzung dieser Vielfalt und der in der Präambel niedergelegten Wertebasis engagieren wir uns für diese und arbeiten an einer Gesellschaft mit, die alle jungen Menschen als ihre Mitgestalter:innen akzeptiert.

Aus dieser Grundhaltung verstärken wir unser Engagement im Bereich der Demokratie-Bildung, denn Jugendarbeit ist Wirk- und Werkstätte der Demokratie. Wir werden niemandem eine politische Bühne bieten, der diesem freiheitlichen und pluralen Grundbild widerspricht. Und auch wenn der AfD derzeit der fundamentale Schutz aus dem Grundgesetz zukommt, so halten wir umso überzeugter fest:

  • Der BJR mit seinen Mitgliedsorganisationen und Gliederungen wird mit Parteien, die den in unserer Satzung klar definierten und beschriebenen Werten entgegenstehen, nur zusammenarbeiten, sofern er durch Gesetze und oder sonstige rechtlich-bindenden Bestimmungen dazu gezwungen ist.
  • Der BJR mit seinen Mitgliedsorganisationen und Gliederungen bietet Vertreter:innen extrem rechter Parteien keine Bühne zur Verbreitung ihrer Thesen und Verschwörungsideologien. Derartigem Verhalten werden wir konsequent entgegentreten und bei Bedarf von unserem Hausrecht Gebrauch machen.
  • Der BJR ermutigt seine Mitgliedsorganisationen und Gliederungen, sich offen gegen Demokratiefeindlichkeit und Rechtspopulismus zu positionieren, die Inhalte und Botschaften der rechtspopulistischen Parteien zu kritisieren und für eine vielfältige, solidarische und offene Gesellschaft aktiv einzustehen.
Patrick Wolf
er/ihm
Büroleiter und Queer-Beauftragter